DER GNÄDIGE GOTTGeistliches Wort Evangelisch in Nied 54 (Gemeindebrief) von Pfarrer Joachim Preiser 15.09.17 >> Propstei Rhein-Main Was nehmen Sie aus dem Reformationsjubiläumsjahr mit? Lutherbonbons und -luftballons, das Luther-Playmobilmännchen und Luthersocken vielleicht? Oder gar die neue Lutherbibel? Ich freue mich, dass wir in Nied aus dem Reformationsjubiläum keinen Luther-Rummel gemacht haben. Wir waren an vielen Stellen ökumenisch unterwegs. Da war der stadtteilweite Kindertag zur Reformation im Juni, das Stadtteilfest im August mit einem gemeinsamen Stadt verschiedener Gemeinden und erst vor ein paar Wochen der Bibellese-Marathon und das Gemeindefest mit der Bibelprozession durch Nied. Nicht zu vergessen: das Kunstprojekt mit den lebensgroßen Figuren von Luther und Franziskus, die uns durch das Reformationsjahr begleitet haben. Bei all dem haben wir uns den alten Themen der Reformation gestellt. Eine der wichtigsten Entdeckungen Martin Luthers war der gnädige Gott. Der Abschnitt aus dem Römerbrief, den wir auf der Titelseite dieser Ausgabe abgedruckt haben, hat das Denken Luthers und damit auch der Reformation stark geprägt: Vor Gott bestehe ich allein durch den Glauben und nicht durch meine Werke. Es ist nicht mein Tun, sondern Gottes Gnade, die mich zu Gott bringt. Wer so predigt, wird heute – auch in der katholischen Kirche – fast ungeteilte Zustimmung finden. Doch haben wir das, was da steht, auch mit dem Herzen verstanden? In einer weitgehend entkirchlichten Welt sind die Götter vielleicht andere geworden, die Fragen aber gleich geblieben: Was ist mit dem oft unerträglichen Leistungsdruck an den Schulen und Ausbildungsstätten, gute Noten bringen zu müssen – und daran zu scheitern? Was ist mit dem oft unerträglichen Leistungsdruck in der Arbeitswelt, immer perfekt sein zu müssen – und daran zu scheitern? Was ist mit dem oft selbstgemachten Leistungsdruck in den Familien, perfekte Eltern, perfekte Partner sein zu müssen – und daran zu scheitern? Der Grundgedanke der Reformation ist: der Gescheiterte wird vor Gott bestehen. Das halte ich für eine nach wie vor höchst aktuelle und wichtige Botschaft.
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